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Infoveranstaltung mit RA Mascha - Bezahlen als Vorteilsausgleich, wo es gar keinen Vorteil gibt

Updated: Aug 14, 2021


Vor 54 Gästen, darunter auch MdL Erik Schweickert und 5 Stadträte, begrüßt Wilfried Müller, Vorsitzender der Bürgerinitiative Höhenstraße, Rechtsanwalt Johannes Mascha im Gasthaus Rose in Corres zu einer Informationsveranstaltung rund um das Thema Erschließungsbeitragsrecht.


Mascha, ein ausgewiesener Spezialist, war eigens aus Schwäbisch Gmünd angereist, um den Anliegern der Höhenstraße, die Finessen dieses von ihm als hochkomplex bezeichneten Rechtsgebietes näher zu bringen. Gleichzeitig ermutigte er die Anwesenden, die meist horrenden Forderungen nicht einfach hinzunehmen. Nur wer fristgerecht Einspruch einlege, verwirke seine Rechte nicht. Freilich, der Widerspruch befreie nicht von der Zahlungsverpflichtung. Im Gegenteil, Mascha empfiehlt dringend fristgerecht zu zahlen, weil ansonsten Säumniszuschläge von 12% p.a. on top drohten. Da jeder Anlieger juristisch ein Einzelfall sei, sei es nicht möglich, dass sich die gesamte Bürgerinitiative durch einen Widerspruch anwaltlich vertreten ließe. Mehrmals betont der versierte Anwalt, jeder sei hier seines eigenen Glückes Schmied. Wer die Chance auf eine Rückerstattung der gezahlten Beiträge nicht verspielen wolle, dürfe auch keine Ablösevereinbarung mit der Stadt Mühlacker unterschreiben.


In beharrlicher Manier räumt er ein, es könne Jahre dauern, bis es so weit sei, dass richterlich entschieden werde. Mascha ist sich sicher, dass das geltende Recht und auch die Rechtsprechung des obersten Verwaltungsgerichtes Baden-Württembergs verfassungswidrig seien. Sein Ziel ist es, die bisherige Praxis der Beitragserhebung für ältere Bestandsstraßen trotz einer erst im Dezember des vergangenen Jahres erfolgten Gesetzesänderung komplett zu Fall zu bringen. Deshalb hat er bereits am 16. April eine über 400 Seiten umfassende Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Er sieht sich vor allem auch durch die neueste Rechtsprechung in anderen Bundesländern, wo häufig ähnlich wie von ihm argumentiert werde, gestützt.

Auf die Frage eines Teilnehmers, wo genau die Angriffspunkte im neugefassten Gesetz lägen, antwortete Johannes Mascha sehr dezidiert mit Bezug auf die Höhenstraße. Zwei zentrale Begriffe sind es, die Hoffnung für ein erfolgreiches Verfahren machten. Zum ersten sei es fraglich, wann die sogenannte Vorteilslage entstanden sei. In der Höhenstraße, so Mascha, ist der Vorteil mit der Anfahrbar- bzw. Bebaubarkeit der Grundstücke längst eingetreten, spätestens etwa seit Mitte der sechziger Jahre. Paradoxerweise argumentierten die Kommunen bei alten Bestandsstraßen, dass die Grundstücke erst durch die erstmalige endgültige Herstellung bebaubar würden, obwohl sie längst bebaut sind. Die ersten Häuser in der Höhenstraße wurden bereits vor 87 Jahren gebaut. Noch weniger nachvollziehbar ist die Argumentation des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim, demzufolge die Vorteilslage erst dann entstehe, wenn die Beiträge eingefordert würden. Fassungslos schüttelten die Teilnehmer ihre Köpfe an dieser Stelle Maschas Vortrages. Zum zweiten spreche das Gesetz von einem Vorteilsausgleich. Im speziellen Fall der Höhenstraße konkretisierte Mascha zusammenfassend: „Eine Generalsanierung bringt keine Erschließungsvorteile. Das heißt, man zahlt für etwas, das es gar nicht gibt.“ 20 Jahre hätten die Kommunen Zeit, nach Eintritt des Erschließungsvorteils, die Bürger zur Kasse zu bitten und die sind in der Höhenstraße längst vorbei; davon sind auch die anwesenden Anlieger der Höhenstraße überzeugt.


In Mühlacker und seinen Teilorten gibt es noch sehr viele Straßen, deren Anwohnern in den nächsten Jahren ein ähnliches Schicksal wie den Enzberger Höhenstraßenanliegern droht. Professor Schweickert ergriff das Wort und sprach von etwa 25% aller Straßen in Mühlacker. Ein Raunen ging durch den Saal. Schweickert selbst war der Einzige, der

die Gesetzesvorlage im Landtag wortgewaltig torpediert hatte, allein verhindern konnte er ihre Verabschiedung nicht. Heute sagt der Landtagsabgeordnete, „sie wissen, dass sie Bockmist gebaut haben“. Von Seiten des CDU-geführten Innenministeriums wird die Sache abgetan, es beträfe nur eine ganz unbedeutende Minderheit. Schweickerts Bestreben, die tatsächliche Masse unerschlossener Straßen im Land zu evaluieren, stößt auf wenig Gegenliebe. Von einem „hochverminten Gebiet“ spricht der Landtagsabgeordnete in der Veranstaltung mit einem geschätzten Beitragsvolumen im Milliardenbereich. Er verspricht den anwesenden Anliegern, weiter dranzubleiben.


Nach knapp fünf Stunden hatte Mascha geduldig auch die letzte Frage der Anlieger beantwortet. Abschließend warb er dafür durchzuhalten, nicht klein beizugeben, und die Vernetzung mit anderen Betroffenen im Land zu intensivieren. Vom Netzwerk erschliessungsbeitrag-bw – Erschließungsbeiträge Baden-Württemberg war deshalb die Organisatorin Michaela Weber aus Buchen, mit der Mascha bereits seit Jahren zusammenarbeitet, zur Veranstaltung angereist. Auch die BI Höhenstraße ist diesem Netzwerk unlängst beigetreten.


Eines wurde den Teilnehmern im Verlauf des Abends immer klarer, sie werden diese exorbitanten Summen im fünf- und sechsstelligen Bereich an die Stadt Mühlacker erst einmal bezahlen müssen, ob sie es können oder nicht! Man muss kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass die derzeitige Kostenschätzung schon heute Makulatur ist. Wer hat den Atem, einen jahrelangen Rechtsstreit um die Beitragsschuld, durchzustehen? Wer wird vielleicht vorher schon zahlungsunfähig? Fragen, die vielen Höhenstraßen-Anliegern schlaflose Nächte bereiten. Dazu ist die kommunalpolitische Unterstützung inzwischen weithin geschwunden.





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